Seidiges Fell
Seidiges Fell 2
Seidiges Fell - Seite 1
Du liegst noch immer auf dem Plateau eines Felsens, es ist schon später Nachmittag, aber immer noch taucht die Sonne die Serengeti in ein diffuses, flirrendes Licht. Zu energielos, die fünf Meter zu gehen, die dir einen Platz im Schatten der Felswand ermöglichen, bleibst du dösend liegen, ab und an lässt ein ungewolltes Spiel deiner Muskeln deine Pfoten erzittern, eigentlich fehlt es dir an nichts, aber du bist nicht völlig entspannt, denn immer wenn du deine Augen öffnest, dann erhoffst du etwas zu sehen, was dich aus deiner Lethargie reißt, etwas, dass dich weckt, all deine Sinne in Anspruch nimmt, aber alles bleibt ruhig...
Das hohe Gras bewegt sich weiterhin sanft, fast so, als würde der Wind es zärtlich streicheln, die Herden der Gnus und Zebras grasen friedlich und beinahe lautlos, selbst die Vögel scheinen von der anhaltenden Hitze und Dürre gelähmt.
Du lässt deinen wunderschönen Kopf zurück auf deine Pfoten sinken und atmest pustend aus, dabei wirbelst du eine Menge winziger Staubpartikel auf und weil es eben nichts interessanteres zu sehen gibt heftest du deinen Blick an eine kleine Feder, die du gerade eben wieder zum Fliegen ermächtigt hast. Du schaust ihr nach wie sich über den Rand des Felsens erhebt und dann langsam davon schwebt, getragen nur vom Wind und durch dich zu scheinbarem Leben erweckt. Du hängst Gedanken die du eigentlich gar nicht konkretisieren kannst nach und eben, als du den Blick wieder abwenden willst, siehst du, versteckt im trockenen Gras die Umrisse einer wunderschönen Löwin.
Sie ist kaum zu erkennen, so angepasst ist die Farbe ihres Fells, so geschmeidig, biegsam ihre Bewegung, sie scheint eins zu sein mit dem Gras in dem sie kauert...
Da wird dir bewusst, dass du der Einzige bist, der sie jetzt sieht, du bist allein mit dem Wissen um ihre Gier, du allein hast die Chance zu erleben wie sie ihre Macht ausspielt, sich den schönsten Hengst der Herde als Opfer wählt und ihn dann dazu bringt willig unter ihren königlichen Pfoten zu sterben. Es ist dir schon einmal erzählt wurden, dass manchmal eine Löwin nur des jagen willens jagt, nicht um sich zu sättigen, immer wenn du dich daran erinnerst bekommst du ein merkwürdiges Ziehen in der Leistengegend, aber noch nie hast du es beobachtet. Aufgeregt springst du auf, besinnst dich aber gleich eines besseren, weil du dich nicht verraten willst, du willst nicht, dass sie weiß dass sie Zuschauer hat, also schleichst du dich sacht und sehr leise auf den höchsten Punkt des Felsens, damit dir nichts entgeht. du kannst ihre Lust zu töten fühlen und bist erstaunt welch grausame Art der Erotik dieser Szene zu Grunde liegt...
Ich habe den ganzen Vormittag träge im Schatten eines Baumes gelegen, gestern erst hatte das Rudel einen riesigen Kaffernbüffel erlegt, ich bin noch immer satt, aber entsetzlich unruhig.... Der Boss ist mit einer rolligen Löwin schon seit zwei Tagen in den weiten der Savanne verschwunden und weil ich heute keine Lust habe als Leihmutter dem Kindergarten zur Verfügung zu stehen, habe auch ich mich bis auf ein paar Kilometer vom Rudel getrennt.
Es ist Mittag, die Sonne brennt erbarmungslos und von Hitze und Einsamkeit und Lust nach etwas, was ich selbst nicht benennen kann, stehe ich auf und gehe weiter...
Dieses unspezifizierte Gefühl der Lust hat meinen ganzen Körper erfasst, ich möchte es herausbrüllen, möchte mich auf dem trockenen, harten und staubigen Boden wälzen, mir irgendwie Erleichterung verschaffen, aber ich habe das unbestimmte Gefühl, als würde ich dadurch alles kaputt machen, mir die Aussicht auf Befriedigung dieses undefinierbaren Gelüstes verwehren, also setzte ich behutsam eine Pranke vor die andere, wandere Stunde um Stunde durch das von Hitze ausgedörrte Land und weiß immer noch nicht wonach ich suche...
Und dann sehe ich ihn, und ich weiß, es ist er, der mich so in Aufruhr versetzt hat, der mich nicht schlafen lassen hat, der eine magische Anziehung auf mich ausübt, der mein Blut zum kochen bringt, der meinen Augen jenen Glanz verleit, den ich schon so lange vermisste, er...
Ein wunderschöner, stolzer Zebra Hengst, sein ausladendes Hinterteil ist vollendet geformt, kein Kratzer ist auf den muskulösen Schenkeln zu sehen, sein gestreiftes Fell glänzt wie Seide in der nun schon tiefer stehenden Sonne. Er steht da, inmitten der ihn vergötternden, aber Dummheit anmuten lassenden Stuten, er ist sich seiner bewusst, weiß dass es keinen schöneren, stärkern intelligentern als ihn gibt, und doch scheint er nicht glücklich... er ignoriert das Necken der Stuten, selbst als sich die schönste zu ihm gesellt und ihm ein eindeutiges Angebot unterbreitet wirft er den Kopf in den Nacken, steigt auf und weist sie ab.
Er ist von den Göttern gesandt, nur für mich, nur um der Königin zu zeigen, dass es einen Gott gibt, der sie liebt. Ich weiß, es wird eine anstrengende Jagd aber ich werde ihn bekommen, weil er nur für mich auf dieser Welt ist...
Ich senke meinen Körper dem Boden entgegen, presse meine Pfoten in den heißen Staub und setzte sie vorsichtig voreinander, ich habe das Gefühl als wachse das Gras, damit er mich auch ja nicht zu zeitig bemerkt... Ich bin schon sehr Nahe noch ca. 50 Meter... Ich kann ihn riechen, diesen alle Sinne betörenden Duft der von ihm ausgeht, völlig berauscht schleiche ich voran, aber die Konzentration hat nachgelassen, so sehr hat die Gier nach ihm mich gepackt, ich trete auf einen trocken Ast und ein lautes Knacken verrät mich, die Stuten springen wiehernd auseinander, dichte Staubwolken wirbeln auf und lassen mich nichts mehr erkennen, aber ich rieche ihn noch... er ist noch da... ich verharre, so wie ich gerade stehe, die rechte Tatze in der Luft, die linke auf dem zertretenen Ast und schaue gebannt in die Richtung in der vor wenigen Sekunden noch die Gruppe von Zebras stand.
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